Kaffee gilt allgemein als Wachmacher. Für den Schlaf kann das nicht gut sein. Möchte ich also schlafen, verzichte ich darauf, möchte ich morgens wach werden, trinke ich eine Tasse. Klingt doch ganz einfach? Ganz so einfach ist es nicht, wenn wir uns einmal die Wirkung von Koffein im Körper genauer ansehen.
Inhaltsüberblick
Koffein und Adenosin als wichtige Stoffe
Koffein
Koffein wirkt sich positiv auf deine Stimmung aus. Du bist konzentrierter und fokussiert. Das kennen wir alle nach einer Tasse Kaffee oder einer großen Cola. Etwas Zeit benötigt das Koffein jedoch. In der Regel spürst du den gewünschten Effekt nach 20 – 30 Minuten.
Wie wirkt Koffein genau im Körper?
Koffein wirkt auf das zentrale Nervensystem ein und sorgt dafür, dass Reize schnell übertragen werden. So verbessert es deine Reaktionszeiten und deine geistige Leistungsfähigkeit. Koffein regt den Blutkreislauf an und verbessert die Durchblutung für einen kurzen Zeitraum. Damit fühlst du dich insgesamt wacher.
Adenosin
Adenosin hingegen sorgt dafür, dass du müde wirst. Im Laufe des Tages wird im Gehirn Adenosin aufgebaut. Du kannst dir das so vorstellen:
- Du verbrauchst am Tage Energie, deine Zellen im Körper leisten eine Menge Arbeit.
- Als „Abfall“ entsteht der Botenstoff Adenosin.
- Zu viel Adenosin sorgt dafür, dass bestimmte Reize in den Nervenzellen nicht weitergeleitet werden. Du wirst ruhiger und müde.
- Das geschieht in der Regel am Abend, wenn genug Adenosin gebildet worden ist.
Man kann sagen, dass Adenosin beim Umschalten des Körpers von „wach“ auf „müde“ hilft. Damit es das kann, muss es zu bestimmten Rezeptoren gelangen. Das funktioniert in der Regel problemlos. Schwierigkeiten gibt es dann, wenn du noch zu viel Koffein im Körper hast. Koffein und Adenosin sind Gegenspieler.
Koffein verhindert, dass Adenosin an den „Schlafrezeptoren“ andocken und dem Körper sagen kann: „Hey, bitte auf müde schlafen“. Zum Glück baut der Körper das Koffein nach einer Zeit auch wieder ab, sodass das Adenosin am Abend seine Aufgabe erledigen kann. Daher ist es richtig, dass Koffeinkonsum eine größere Auswirkung auf den Schlaf hat, je geringer die Zeitspanne zwischen letzten Kaffee und der gewünschten Einschlafzeit.
Kaffee vor dem Schlafen
Wann soll man die letzte Tasse Kaffee trinken? Wie lange wirkt Kaffee? Dafür gibt es viele Empfehlungen. Die meisten pendeln sich auf etwa 6 – 8 Stunden vor dem Schlafengehen ein. Das bedeutet: Die letzte Tasse Kaffee etwa gegen 16 Uhr am Nachmittag. Ich denke, das ist ein fairer Deal, oder?
Solltest du diese „Regel“ einmal brechen, keine Panik. Die Wirkung von Koffein ist sehr individuell. Möchtest du der schlafhemmenden Wirkung etwas entgegenwirken, bieten sich beruhigende pflanzliche Mittel an. Dabei kannst du z. B. auf Baldrian zurückgreifen. Deren Inhaltsstoffe wirken ähnlich wie Adenosin und sorgen dafür, dass du besser einschlafen kannst.
Kaffee zum Einschlafen
Du kennst sicher auch eine Person in deinem Umfeld, die Kaffee zum Einschlafen verwendet. Sie trinken entweder eine Tasse zum Einschlafen oder ihnen ist es ganz egal, wann sie eine Tasse trinken: Auswirkungen auf den Schlaf verspüren sie keine. Wie passt das zusammen?
Wir müssen zugeben: So wirklich haben wir das noch nicht herausfinden können. Es scheint wohl Menschen zu geben, die nicht auf Koffein reagieren. Das haben wir vor allem von Sportlern gehört, die Koffein als extra Push vor dem Training verwenden wollten, aber keine Wirkung spüren.
Klar ist: Koffein wirkt sich positiv auf die Durchblutung aus. Das wiederum ist gut fürs Einschlafen. Wird nun vor Eintreten der Koffeinwirkung eingeschlafen, kann Kaffee eine Einschlafhilfe sein. Wir selbst nutzen das nicht.
Du weißt mehr dazu? Dann freuen wird uns auf deinen Kommentar.
Dr. Jürgen Brater schrieb uns dazu eine E-Mail und merkte folgendes an:
„Das hängt vom Blutdruck ab. Der sinkt nämlich nachts ein wenig ab und erreicht seinen geringsten Wert zwischen zwei und vier Uhr morgens. Bei Menschen mit generell niedrigem Blutdruck kann dies zum Erwachen führen, Dabei handelt es sich um eine grundsätzlich sinnvolle Gegenreaktion des Körpers, da der Organismus durch das Aufwachen den Kreislauf wieder stabilisiert. Für den betroffenen Menschen nimmt sich dies jedoch wie eine Schlafstörung aus – was es dem äußeren Erscheinungsbild nach ja auch ist. Kommt derartiges, kreislaufbedingte Erwachen häufiger vor, kann es daher durchaus günstig sein, vor dem Schlafengehen ein Anregungsmittel zu sich zu nehmen, beispielsweise Kaffee zu trinken, um dem Absacken des Kreislaufs während des Schlaf entgegenzuwirken.“
Unabhängig davon, kannst du die positiven Effekte des Koffeins bei einem Mittagsschlaf nutzen. Lass uns vorstellen: Der Mittagsschlaf 2.0
Wenn du aufmerksam gelesen hast, weißt du: Die Wirkung des Koffein bei einer Tasse Kaffee benötigt etwa 20 Minuten. Findige Leute sind dann auf die Idee gekommen, sich diesen Effekt beim täglichen Mittagstief zunutze zu machen. Herausgekommen ist der Koffein-Nap, oder wie wir ihn nennen: Mittagsschlaf 2.0.
Seine Wirkung entfaltet der Mittagsschlaf 2.0 jedoch auch zu allen Zeiten, in denen du dich in einem Leistungstief befindest.
Jetzt aber los, so funktioniert unser Mittagsschlaf 2.0
Zubereitung
Schritt 1
Suche dir einen entspannten Platz. Du weißt am besten, wie du schlafen kannst. Manche Menschen können sehr wohl im Sitzen schlafen, auch ohne Kissen oder ähnliche Utensilien. Andere brauchen auf jeden Fall etwas zum Anlehnen. Wenn du ein Bett oder ein gemütliches Sofa hast, wunderbar. Zwingend notwendig ist das nicht. Auch die Umgebung ist sehr individuell. Von Vorteil ist es natürlich, wenn dich keiner stört, du also z. B. dein Büro abschließen und das Telefon umleiten kannst für diese 20 – 30 Minuten. Alternativ helfen dir auch Ohrstöpsel oder eine Schlafmaske.
Schritt 2
Wähle für den Koffein-Nap ein koffeinhaltiges Getränk. Ideal und am einfachsten zu bekommen, ist die Tasse Kaffee. Damit erreichst du die von Wissenschaftlern getestete Menge an Koffein (150 mg) am besten. 200 ml Kaffee enthalten etwa 160 mg Koffein. Um denselben Effekt mit Coca Cola zu erzielen, müsstest du dafür schon über 1,5 Liter trinken.
Hierbei kommt es jedoch auch auf deinen täglichen Koffeinkonsum an. Nimmst du täglich mehrere Tassen Kaffee oder Liter Cola zu dir, ist der aufweckende Effekt geringer. Dein Körper hat sich mit der Zeit schon an das Koffein gewöhnt. Bist du eher ein Gelegenheitstrinker, reagierst du beim Mittagsschlaf 2.0 sensibler auf die Koffeinmenge. Hier gilt also: Ausprobieren.
Schritt 3
Stelle dir ein Aufwachsystem ein. Wichtig: Wir möchten nur 20-30 Minuten schlafen, um den Eintritt in eine Tiefschlafphase zu verhindern. Ansonsten wachst du müder auf als du eingeschlafen bist.
Hierbei kannst du dir etwa einen Wecker mit entsprechendem Alarmton einstellen. Alternativ kannst du auch auf den Schlüssel-Trick von Einstein zurückgreifen: Dabei nimmst du einen Schlüsselbund in deine Hand und schließt diese. Schläfst du nun ein, wird sich die Hand rechtzeitig vor dem Eintritt in die Tiefschlafphase öffnen. Die Schlüssel fallen zu Boden und du wachst durch den Krach auf öffnen und du wachst durch das Klirren auf.
Das sagt die Wissenschaft dazu
Britische Wissenschaftler der Loughborough University haben die Wirkung dieses Naps im Rahmen einer Studie zur Bekämpfung von Schläfrigkeit im Autoverkehr untersucht. Dabei haben sie 12 Testpersonen folgende Wirkstoffe gegeben:
- 150 mg Koffein inkl. 15 Minuten Schlaf
- 200 mg Koffein und normale 30 Minuten Pause
- Ein Placebo inkl. 15 Minuten Schlaf
Ergebnis
Die Testgruppe 1 hatte kein Problem mit einem Nachmittagstief. Die Anzahl der schlafbedingten Vorfälle im Fahrsimulator bei einer 2h Fahrt nach dem Nickerchen waren beim Power-Nap am geringsten.
Dich interessiert die Studie? Hier kannst du die Studie nachlesen.
Studien zu Koffein und Schlaf
Studien zu Koffein und Wirkung auf den Schlaf gibt es viele. Wir haben zwei herausgesucht.
- Einfluss von Koffein auf unsere innere Uhr
- Einfluss von Koffein 3 bzw. 6 h vor dem Schlafengehen
Studie zur Untersuchung der Auswirkungen von Koffein auf die innere Uhr des Menschen
Dauer der Studie: Jeweils 49 Tage
Inhalt der Studie:
Innerhalb der placokontrollierten Studie untersuchten die Forscher die Auswirkungen von einer Koffein auf die innere Uhr des Menschen. Dabei wurde den Teilnehmern 3 Stunden vor dem Schlafengehen 200 mg Koffein gegeben. Das entspricht der Menge eines doppelten Espressos. Zusätzlich wurde weitere 49 Tage verschiedene Kombinationen (dimmendes Licht, dimmendes Licht und Koffein, helles Licht, helles Licht und Koffein) untersucht um zu vergleichen, ob Licht oder Koffein einen stärkeren Einfluss hat.
Ergebnis:
Der Konsum von 200 mg Koffein 3 Stunden vor der eigentlichen Schlafenszeit verschob den natürlichen Rhythmus um 40 Minuten nach hinten. Der Körper begann 40 Minuten später als üblich mit der Produktion des Schlafhormons Melatonin. Die Kombination sehr helles Licht und Koffein sorgte gar für eine Verschiebung um 85 – 105 Minuten.
Die Forscher schließen daraus, dass die Vermeidung von Koffein am Abend, mehr Tageslicht und weniger künstliches Licht am Abend helfen kann, Probleme mit dem Schlaf-Wach-Rhythmus zu behandeln.
Dich interessiert die Studie? Hier kannst du die Studie nachlesen
Koffeinkonsum 3 oder 6 Stunden vor dem Schlaf und seine Auswirkungen
Teilnehmer der Studie: 12 gesunde Teilnehmer
Inhalt der Studie:
Die Teilnehmer nahmen täglich drei Pille zu sich, die entweder ein Placebo enthielt oder 400 mg Koffein. Die Einnahme erfolgte 3, 6 Stunden und unmittelbar vor dem Schlafengehen.
Die subjektiven Auswirkungen auf den Schlaf wurden mithilfe eines Schlaftagebuches dokumentiert. Die objektiven Auswirkungen wurden anhand eines Schlafmonitors gemessen.
Ergebnis:
400 mg Koffein 6 h vor dem Schlafen verringerte die Gesamtschlafenszeit um 41 Minuten. Dieses Ergebnis war im Vergleich zur Placebogruppe jedoch nicht signifikant.
Signifikante Ergebnisse gab es jedoch bei Koffein 3 h vor dem Schlafen. Dort benötigten die Teilnehmer 17 Minuten länger zum Einschlafen. Die Aufwachzeit verspätete sich beim Koffeinkonsum 3 h und 6 h vor dem Schlaf.
Selbst der Konsum von Kaffee 6 Stunden vor dem Zubettgehen kann noch erhebliche und messbare Auswirkungen auf den Schlaf haben. Die Forscher sehen das Ergebnis der Studie als Unterstützung der allgemeinen Empfehlung die letzte Tasse Kaffee am Nachmittag zu genießen.
Dich interessiert die Studie? Hier kannst du sie nachlesen.
Fazit
Kaffee, Koffein und das Einschlafen ist eine sehr individuelle Geschichte. Studien legen zwar nahe, den Konsum am Abend zu unterlassen. Am Ende weißt du jedoch persönlich noch immer am besten, ob du damit Probleme hast oder nicht.
Auch anerkannte Schlafforscher wie Dr. Guy Meadows sind der Auffassung, dass ein Verzicht auf Koffein nur dann nötig ist, wenn du stark auf Koffein reagierst. Kaffee ist auf jeden Fall ein Ansatz von vielen im Rahmen der Schlafhygiene, der Schlafprobleme beheben kann.
Beachte: Koffein ist nicht nur in Kaffee enthalten. Auch grüner Tee, Kakao und Schokolade haben relevante Mengen des Wachmachers.
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